Nachdem wir euch das Propain TwoFace im März vorgestellt haben, wurden von uns mit dem Bike einige Kilo- und Höhenmeter gesammelt. Zeit also, euch zu berichten wie es sich in der laufenden Saison schlägt.
Die Tourentauglichkeit des Trailbikes haben wir gern im nahen Pfälzer Wald unter die Lupe genommen, aber auch einige Ausflüge in die Alpen standen auf dem Programm. Schnelle Runs auf dem Hometrail vermittelten uns wie sich das TwoFace auf gebauten Strecken, aber auch verblockten Trails verhält. Ob der Versender vom Bodensee sein Versprechen „Ein Bike, zwei Gesichter“ einhält, erfahrt ihr in unserem Artikel.
Zu Beginn der Testphase haben wir das Fahrwerk nach dem Motto „Ein Setup für alles“ abgestimmt. Dies ist für den Fahrer wichtig, der keine Lust hat sich vor jeder Ausfahrt, ob Hometrail oder Alpentour über ein neues Setup Gedanken zu machen. Dabei ist es unumgänglich, penibel zur Sache zu gehen. Denn je nach Strecke muss man den ein oder anderen Abstrich machen. Je besser also das Grundsetup passt, umso weniger Kompromisse muss man auch in Extremsituationen eingehen. Die Abstimmung der Pike RCT3 DualPosition war relativ einfach, wie gewohnt haben wir die Gabel auf 25% Negativ Federweg eingestellt. Diese Einstellung erlaubt einen guten Kompromiss aus Komfort, Reserven und Feedback vom Untergrund. Zusätzlich haben wir das Volumen der Luftkammer mit einem Token leicht verkleinert. Eine daraus resultierende, etwas erhöhte Endprogression sorgt für mehr Reserven, sollten die 150 mm Federweg einmal schneller verbraucht sein als einem lieb ist. Die Lowspeed Druckstufe verhindert zusätzlich mit 4 Klicks (von offen nach geschlossen) wirksam ein Abtauchen in Steilstücken. Im Heck stellten wir ebenfalls einen Sag von 25% ein, was sich im Testverlauf als passend herausstellte.
Bergauf konnten wir mit dieser Einstellung stets genug Traktion gewinnen, ohne dabei zu weit im Federweg zu versacken oder auf Komfort verzichten zu müssen. Der Hinterbau saugt kleine Unebenheiten förmlich auf, dabei zeigt sich das Pro10 System – einmal mehr – als überaus antriebsneutrales Konzept. Kein übermäßiges Wippen im Antritt, kein Pedalrückschlag. Wen ein naturgemäß minimales Einsinken an steilen Anstiegen stört, der kann durch das Zuschalten der Dämpferplattform höher im Federweg fahren. Wir nutzten dies kaum, aber für Erbsenzähler sollte dies Erwähnung finden.
Wie im ersten Artikel angekündigt, tauschten wir kurz nach Beginn unseres Dauertests den 70 mm Vorbau gegen eine 20 mm kürzere Version aus, denn dieser mag für Enduro-Racer sicherlich eine gute Wahl sein, für unser All-Day-Sorglos Bike war uns die Sitzposition zu gestreckt. Wir würden dem Käufer empfehlen, direkt bei der Konfiguration den 50 mm Vorbau auszuwählen. In Kombination mit dem vergleichsweise langen Reach für Größe M (431 mm) und niedrigen Stack (595 mm) sitzt man gut zentriert im Bike und bekommt an Anstiegen stets genügend Druck aufs Vorderrad.
Sollte es einmal richtig steile Rampen hoch gehen, kann die RockShox Pike Dual Position mit einem Handgriff um 20 mm abgesenkt werden.
Ein langer Auszug der Sattelstütze sorgt schnell dazu, dass man mit dem Körperschwerpunkt weit in Richtung Hinterrad rutscht und sich ein Gefühl des „von hinten tretens“ einstellen kann. Dies liegt daran, dass das Sitzrohr in relativ flachem Winkel nach hinten gerichtet ist und sich damit nur in einem gewissen Bereich der ideale, bzw. effektive Sitzwinkel von 75,3 ° einstellt. Bei längerem Sattelauszug wird der wahrnehmbare Sitzwinkel zunehmend flacher. Unserem Redakteur mit einer Körpergröße von 1,78 m und einer Beinlänge von 81 cm passt Rahmengröße M perfekt. Fahrer welche zwischen zwei Rahmengrößen stehen sollten unserer Meinung nach eher zum größeren Modell tendieren.
Das TwoFace klettert gern, wobei dies nicht seine Königsdisziplin ist. Zwar passen Sitzposition und Fahrwerk hervorragend, jedoch trübt das relativ hohe Gewicht unserer Sorglos-Konfiguration ein Wenig. 13,7 Kg (ohne Pedale) möchten den Berg hochgetreten werden. Geht das Gewicht für ein 160 mm Enduro noch so gerade in Ordnung, so empfinden wir dies für ein Trailbike als zuviel. Das Rahmengewicht von 2,9 Kg (ohne Dämpfer) ermöglicht kaum einen superleichten Aufbau, ohne auf Kompromisse wie leichtgewichtige Gabeln, Reifen und Laufräder zurückgreifen zu müssen. Das Gewicht hat aber auch seinen Vorteil, denn das Bike liegt dadurch satt auf dem Trail ohne nervös zu werden.
Betrachtet man die Performance bergab, ist das Gewicht des TwoFace schnell vergessen, denn da geht richtig was! Ist der Sattel mittels Reverb Stealth Sattelstütze abgesenkt, findet der Fahrer schnell eine zentrale Position im Rad ohne dabei in eine front- oder hecklastige Position gezwungen zu werden. So ausbalanciert fasst man schon nach kurzer Zeit viel Vertrauen, sodass man auch in fiese Linien mit Vollgas reinhalten kann! Ums Fahrwerk muss man sich dabei keine Gedanken machen, denn die 145 mm Federweg im Heck fühlen sich durch eine ordentliche Endprogression nach deutlich mehr an! Wir haben bei Sprüngen und Stufen hin und wieder den gesamten Federweg benötigt, dies aber lediglich an der Position des Gummirings auf dem Dämpferkolben bemerkt! Der Pro10 Hinterbau arbeitet sehr effektiv und gibt den Federweg genau dann frei wenn man ihn auch benötigt.
Die Kettenstreben mit einer Länge von 443,5 mm lassen beim Blick auf das Datenblatt fehlende Wendigkeit vermuten, was in der Praxis jedoch nahezu unbegründet erscheint. Es ist lediglich etwas mehr Körpereinsatz von Nöten um das TwoFace aufs Hinterrad zu bewegen.
Auch in der Luft fühlt sich das TwoFace wohl, dabei verleiht es viel Sicherheit und ein gutes Gefühl. In Anliegerkurven lässt sich das Bike mit hoher Geschwindigkeit hineinpressen, dabei läuft es genauso stabil und präzise wie durch Stein- oder Wurzelpassagen. Propain stattet das TwoFace mit einem Mini-Fender am Hinterrad aus, um den zentrisch sitzenden Dämpfer vor direktem Dreckbeschuss des Hinterrades zu schützen. Dies geht zu teilen auf, denn während dieser Fender bei Trockenheit und leichter Nässe die Kolbenstange sauber hält, steht bei Schmuddelwetter stets Dreck auf den Dichtungen des upside-down montierten Monarch Plus. Zwar hatten wir weder einen Defekt zu verzeichnen, noch war bei geöffneter Luftkammer Dreck hinter den Dichtungen zu finden, dennoch würden wir einen längeren Schützer favorisieren.
Im Auslieferungszustand sind Onza Ibex EDC Reifen mit der Shorehärte 55a montiert. Während dieser Reifen am Hinterrad in Ordnung war, enttäuschte er vorne durch fehlenden Seitenhalt und sehr engen Grenzbereich vor dem unangenehmen Ausbrechen. Schade, denn der Rollwiderstand liegt auf einem angenehmen Niveau. Auf Rücksprache mit Propain riet man uns zu einem Ibex mit 45er Gummimischung am Vorderrad. Onza stellte uns freundlicherweise einen passenden Reifen zur Verfügung. Der Wechsel tat gut, denn die weichere Gummimischung offeriert ein amtliches Plus an Traktion in Schräglage und schnellen Kurven.
Der Sram GX 1 x 11 Antrieb von SRAM, so wie die Guide RSC Bremsen verrichten bisher ohne Defekte ihren Dienst. Trotz Verzicht auf eine Kettenführung hatten wir nicht einen Abspringer der Kette! Die Bremsen scheinen in Sachen Standfestigkeit zu ihrem Vorgänger der Avid Elixir zugelegt zu haben, auch entlüften mussten wir bislang nicht. Propain vertraut Laufrädern mit hauseigenen Naben und ZTR Flow Felgen. Zurecht, denn diese Laufen auch nach härterem Einsatz leichtgängig und ohne nennenswerte Höhen- oder Seitenschläge.
Propain TwoFace – ein Bike mit zwei Gesichtern. Wir können bestätigen das dieses Konzept aufgeht. Wir hatten mit dem Bike beim Afterwork Ride auf dem Hometrail, sowie bei der ausgedehnten Alpentour extrem viel Spaß.
Das Trailbike eignet sich für Fahrer welchen 160 mm Federweg eines typischen Enduros für zu viel halten und lieber ein strafferes Fahrwerk mögen. Vom Enduro Racer bis zum klassischen AllMountain Piloten dürfte das TwoFace viele Freunde finden. Wir werden bis zum Ende der Saison noch einige Kilometer abspulen und euch im Abschluss unser endgültiges Fazit präsentieren.
Super Artikel! Gibt es noch einen dritten Teil zu lesen?
Hi Andy, es gibt natürlich noch das Fazit (Teil 3) welches du in unserer Jahresausgabe findest.
http://cycleholix.de/jahresausgabe/