„Geradlinig“ und „klassisch ohne großes Geschnörkel“ waren die Schlagworte, mit denen wir das Nicolai Ion 20 vorgestellt haben. Dem wollen wir gerecht werden und möchten ohne große Umwege unsere Erfahrungen mit euch teilen.

Stabil durch die Luft
Stabil durch die Luft

Beim ersten Aufsitzen wird einem schon klar, wo die Reise hingehen soll: möglichst schnell den Berg runter.  Das Ion 20 ist nicht nur von den Werten lang (Reach: 435 mm; Radstand: 1222 mm), es fühlt sich auch so an.  Dennoch hat man nicht das Gefühl sehr gestreckt auf dem Rad zu sitzen, da das Cockpit sehr hoch aufbaut, wofür der Stack von 618 mm verantwortlich ist. Zudem befinden sich noch zwei Spacer mit einer Höhe von 3 cm unter dem Lenker.

Schnell merkten wir aber, dass uns das Cockpit zu hoch ist. So fällt die Position auf dem Rad zwar etwas komfortabler aus und das Überschlagsgefühl minimiert sich, jedoch ist es schwieriger Druck auf dem Vorderrad zu erzeugen, was unserer Meinung nach wichtig ist bei Bikes mit langem Hauptrahmen. Also montierten wir die beiden Spacer über dem Lenker. Dadurch positionierten wir uns automatisch aggressiver, aber auch zentraler auf dem Rad. Somit erzeugten wir instinktiv mehr Druck auf dem Vorderrad, was uns gerade in schnellen Kurven entgegenkam.shooting heidelberg dh 69 Cycleholix

Und wie heißt es doch so schön: Länge läuft! Das trifft auch beim Ion 20 zu – wie die Faust aufs Auge. Der lange Radstand sorgt für unheimlich viel Laufruhe bei hohen Geschwindigkeiten, auch wenn es mal auf härteren Strecken zur Sache geht. Dem zu Gute kommt auch der flache Lenkwinkel (63°), der ebenfalls bei hohen Geschwindigkeiten für super Stabilität sorgt.

Während schnelle, offene Kurven oder Anlieger mit großem Radius kein Problem darstellen, sieht es bei engen Switchbacks doch schon deutlich anders aus. Dies gehört nicht zur Paradedisziplin des Ion 20 und der Fahrer muss sehr aktiv manövrieren.

weite Anlieger sind kein Problem
weite Anlieger sind kein Problem

Es ist zwar möglich mittels eines Flipchips den Lenkwinkel und die Tretlagerhöhe einfach anzupassen, um ein wenig mehr Wendigkeit herauszukitzeln. Grundsätzlich war dies auch spürbar, jedoch sind wir der Meinung, dass die flache Einstellung besser zur Charakteristik des Rads passt. Das Ion schreit förmlich nach Speed und wie oben bereits erwähnt, sorgt der flache Lenkwinkel gerade bei hohen Geschwindigkeiten für Laufruhe sowie Stabilität. Das tiefe Tretlager wiederum vermittelt dem Fahrer dazu eine bessere Kontrolle über sein Gefährt, da er etwas integrierter im Rad steht.

Flip Chip
Flip Chip

Drops und Sprünge sind kein Problem. Das Ion 20 liegt sehr ausbalanciert in der Luft, was die Flugkurve leicht berechenbar macht.DSCF9374

Das Fahrwerk unseres Testbikes besteht aus einer Rock Shox Boxxer Team, welche wiederum mit einer Medium-Feder ausgestattet ist und einem Cane Creek Double Barrel Air Dämpfer. Der SAG der Boxxer hat mit 30% gepasst, weshalb wir auch am Dämpfer zunächst mit 30% Negativfederweg gefahren sind. Allerdings nutzte der Hinterbau gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten sehr viel Federweg, weshalb wir recht viel Dämpfung für die Low Speed Compression eingestellt haben. Jedoch vermissten wir noch ein wenig Pop. Daraufhin erhöhten wir den Druck im Dämpfer um 15 PSI. Dies brachte uns etwas mehr Stabilität und Feedback am Hinterbau. An der Boxxer lässt sich nur der Rebound und die Low Speed Compression anpassen. Wem die Federung zu hart oder zu weich ist, der muss hier eine andere Feder einsetzen. Wir waren jedoch super zufrieden mit der Boxxer Team. Das Ansprechverhalten ist dank der Stahlfeder sehr gut. Der Federweg wird ebenfalls sehr harmonisch bereitgestellt. Lediglich die Zugstufe haben wir etwas schneller eingestellt als gewöhnlich. Das war einerseits eine Reaktion auf die Einstellung des Dämpfers, aber auch auf das Fahrverhalten mit dem Ion 20.

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Alles in allem macht das Fahrwerk einen unauffälligen Eindruck, was in diesem Fall ein Kompliment darstellt. Harte Passagen, bestehend aus Wurzelteppichen und Steinen schluckt das Fahrwerk mit einer enormen Leichtigkeit. Große Sprünge nimmt es geduldig auf und bei Kompressionen und Anliegern hält es gut dagegen.

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Was dagegen leider nicht in das sonst so gute Gesamtbild gepasst hat, waren die Laufräder. Die Industrie Nine Enduro Laufräder hatten schon nach kurzer Zeit vorne und hinten einen Seitenschlag ohne, dass wir einen heftigen Einschlag hatten. Dieses Malheur ließ sich jedoch ohne weiteres am Zentrierständer beheben.

Nach den ersten Monaten rechnen wir nicht mit negativen Überraschungen und sind gespannt, wie sich das Nicolai Ion 20 bis zum Ende der Saison schlägt. Im Abschlussbericht werden wir euch davon berichten, also: stay tuned…

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