Das Leben eines Mountainbike Redakteurs ist doch eines der schönsten, vor allem wenn schon wieder ein neues Bike in die Redaktion kommt. So auch neulich, als es hieß: Wir bekommen das neue Specialized Chisel. Scheinbar zu lange unter einem Stein lebend ratterte es im Kopf. Chisel (zu deutsch: Meißel) klingt schon mächtig, könnte ein Freerider sein…

Alles klar Chef, ich pack dann mal die Baggy Shorts und Buche ein Zimmer in Finale!
Mach das! Ach übrigens, das Chisel ist Specialized´s neues Race Hardtail.
Dann eben Lycra!

Specialized Chisel 2018
Gierig wartet das Specialized Chisel auf den ersten Sprint.

Nachdem die Fronten geklärt waren und klar war, dass der Kopf von Shuttle auf Strampeln umgestellt wird, ging es an das Studium des neuen Arbeitsgeräts. Als Ergänzung zum Epic Hardtail mit feinem Carbonrahmen, kommt das Chisel mit einem ebenso feinen Aluminiumrahmen, was Specialized verhalf ordentlich an der Preisschraube zu drehen. Mit 1.799 € legen sie hier einen Preis zugrunde, der sicherlich so einigen Nachwuchsrennfahrern ein leuchten in die Augen zaubert.

Specialized Chisel 2018
Understatement pur.

Ausstattung

GABEL RockShox Reba RL 29, Solo Air, 51mm offset, 15x110mm thru-axle (S: 90mm, M-XL: 100mm of travel)
SATTELSTÜTZE Specialized, alloy, single bolt, 27.2mm
LENKER Specialized Mini-rise, 6000 alloy, 8-degree backsweep, 6-degree upsweep, 10mm rise, 720mm width, 31.8mm clamp
LENKERGRIFFE Specialized Sip Grip, half-waffle, S/M: regular thickness, L/XL: XL thickness
SATTEL Body Geometry Phenom Comp, Adaptive Edge design, Hollow Cr-Mo rails, 143mm
VORBAU Specialized XC, 3D-forged alloy, 4-bolt, 6-degree rise
FELGEN Specialized Alloy 29, 25mm internal width
VORDERREIFEN Fast Trak, GRIPTON compound, 2Bliss Ready, 29 x 2.3″
HINTERREIFEN Fast Trak, GRIPTON compound, 2Bliss Ready, 29 x 2.1″
SPEICHEN Stainless, 14g
SCHLÄUCHE Standard, Presta valve
VORDERRADNABE Specialized Alloy 29, 25mm internal width, 24h
HINTERRADNABE Specialized, sealed cartridge bearings, 12x148mm thru-axle, 32h
PEDALE Specialized Platform, 9/16″ spindle
SATTELSTÜTZKLEMME Specialized Alloy 30.8mm
HINTERRADBREMSE Shimano MT500 Deore, hydraulic disc, 160mm rotor
VORDERRADBREMSE Shimano MT500 Deore, hydraulic disc, 180/160mm rotor
INNENLAGER Race Face Threaded BSA
SCHALTWERK Shimano XT, Shadow Plus, GS cage, 11-speed
KETTENBLÄTTER 26/36T
KASSETTE Shimano SLX, 11-speed, 11-42t
KURBELGARNITUR Race Face Aeffect
SCHALTHEBEL Shimano SLX, 11-speed
KETTE KMC X11, 11-speed w/ Missing Link™
UMWERFER Shimano SLX, down swing, 2×11

Durch das schon seit längeren bekannte D´Alusio Smartweld Verfahren, welches Specialized bei seinen Alu Rennrädern verwendet, steht das Chisel dem Epic in Sachen Optik in nichts nach. Die geschwungenen Züge und weichen Übergänge wirken wie aus einem Guss und machen es zu einer wahren Augenweide. Ein weiterer positiver Effekt dieses Verfahrens liegt darin recht geringe Wandstärken verarbeiten zu können und somit effektiv das Rahmengewicht zu senken, welches  laut Specialized bei 1350 Gramm liegt. Innenverlegte Züge dürfen bei so einem schicken Rahmen natürlich nicht fehlen. Die Leitungen werden daher kurz hinter dem Steuerrohr durch das Unterrohr geführt, um unterhalb des Tretlagers wieder zum Vorschein zu kommen. Die restlichen Zentimeter bis zu ihrem Bestimmungsort legen sie unterhalb der Kettenstreben zurück. Steckachsen an Vorder- und Hinterrad sparen zusätzlich Gewicht.

Dass 29“ Laufräder ein sehr gutes Überrollverhalten zeigen ist schon lange kein Geheimnis mehr und im Cross Country Rennzirkus, wo auf Grund der Effizienz generell mit kleinsten Federwegen gefahren wird, mittlerweile die Norm. Als Vollblut-Racer reiht sich dort natürlich auch das Chisel ein. Obwohl bei dem Chisel sicherlich hart kalkuliert wurde, wird versucht das Rad so leicht wie möglich zu machen. So finden sich am Vorderrad gerade einmal 24 Speichen und am Hinterrad 28 Speichen. Eine Rock Shox Reba RL mit 90 mm Federweg (Rahmengröße S) sorgt zusätzlich für Komfort und Kontrolle an der Front. Ab Rahmenhöhe M gibt es 100 mm Federweg. In dieser Ausstattung bringt das Chisel gerade einmal 11,3 kg auf die Waage.

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Serienmäßige Schraubachsen an Gabel und Hinterbau sparen nicht nur Gewicht, sondern sehen auch noch verdammt gut aus.

Viel- und Langstreckenfahrer wird sicherlich erfreuen, dass das Chisel mit einem 2 x 11 Antrieb von Shimano ausgeliefert wird. Der Umwerfer nimmt dabei den Platz des Flaschenhalters am Sitzrohr ein. Wer auf einen zweiten Flaschenhalter im Rahmen nicht verzichten möchte, kann ihn einfach auf die Umwerferschelle Schrauben. Die Trigger und der Umwerfer sind dabei aus der SLX Familie, das Schaltwerk hat ein Upgrade auf die XT Familie erhalten. Somit kann man die ersten Runden im Frühjahr mit satten 529% Bandbreite ganz lässig in Angriff nehmen. Bei der Kurbel verlassen sich die Amerikaner auf die Expertise von Race Face in Form des Aeffect Kurbelsatzes, welcher ganz zu unserer Freude in einem geschraubten BSA Tretlager steckt.

Geometrie

Die Vergleiche zum Epic lassen sich nicht leugnen. So verwundert es nicht, dass die Geometrie nahezu eins zu eins vom großen Bruder adaptiert wurde. Freunden der schmalen Reifen wird das von den Rennrädern Tarmac und Alléz bekannt vorkommen. Das Chisel hat mit 57,5 mm Tretlager Absenkung lediglich ein leicht höheres Tretlager. Die restlichen Werte, wie der steile 69,8° Lenkwinkel und der 74° Sitzwinkel sind kompromisslos auf Vortrieb ausgelegt.

S M L XL
Kurbellänge 170mm 175mm 175mm 175mm
Vorbaulänge 70mm 90mm 100mm 110mm
Länge Sattelstütze 350mm 400mm 400mm 400mm
Saddle Width 143mm 143mm 143mm 143mm
Lenkerbreite 720mm 720mm 720mm 720mm
Reach 395mm 418mm 441mm 462mm
Oberrohrlänge horizontal 567mm 594mm 622mm 648mm
Stack 595mm 605mm 619mm 633mm
Radstand 1073mm 1100mm 1128mm 1154mm
Kettenstreben-Länge 430mm 430mm 430mm 430mm
Mitte Tretlager – Mitte Vorderachse 650mm 676mm 704mm 730mm
Tretlagerabsenkung 57.5mm 57.5mm 57.5mm 57.5mm
Tretlagerhöhe 312.5mm 312.5mm 312.5mm 312.5mm
Sitzrohrwinkel 74° 74° 74° 74°
Steuerrohrwinkel 69.8° 69.8° 69.8° 69.8°
Sitzrohrlänge 400mm 430mm 470mm 520mm
Steuerrohrlänge 95mm 95mm 110mm 125mm
Überstandshöhe 760mm 790mm 814mm 845mm
Nachlauf/Offset 51mm 51mm 51mm 51mm
Gabellänge, gesamt 496mm 506mm 506mm 506mm
Nachlauf 82mm 82mm 82mm 82mm

Bergauf

Dass durch Weinberge geprägte Heilbronner Land hat sich als perfekte Spielwiese für das Chisel herausgestellt. Kurze, knackige Anstiege und flowige Trails mit teils gebauten Elementen geben sich hier die Klinke in die Hand und geben damit alles her, was man aktuell in Cross Country Rennzirkus findet.

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Der steife Rahmen erlaubt ungeniertes Sprinten.

Bevor es aber richtig los geht möchte ich noch eines Klarstellen. Die beliebte Phrase „geht bergauf wie ein Hardtail“, die gern für Vortriebsstarke Fullys genutzt wird, war mir schon immer ein Dorn im Auge. Um diese Phrase zu klären… Nein! Nur ein Hardtail geht vorwärts wie ein Hardtail und das Chisel beweist das eindrucksvoll. Antritt – Vortrieb!
Dank des langen Rahmens und Vorbaus sitzt man auf dem Chisel relativ gestreckt, was in einer sehr vortiebsorientierten Sitzposition mündet. Angespornt von der sportlichen Sitzposition wurde der Umwerfer im flachen und leicht welligen Gelände erst einmal zur Nebensache, da das große Kettenblatt in Kombination mit den leicht rollenden Fast Track Reifen förmlich nach Geschwindigkeit bettelten.

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Auch entspannte Touren sind mit dem Chisel möglich.

Steile Anstiege verlieren dank der Kraft der zwei Kettenblätter hingegen schnell ihren Schrecken. Stetig mit hoher Trittfrequenz tretend lassen sich gemütlich Höhenmeter sammeln. Vor allem auf langen Touren spart man dank der hohen Bandbreite ordentlich Körner. Die gestreckte Sitzposition sorgt dabei, dass das Vorderrad stets am Boden bleibt. Sie ist dabei aber immer noch angenehm genug, um auch mehrstündige Grundausdauerfahrten nicht zu einer Tortur werden zu lassen.

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Steiler Anstieg? Kein Problem!

Der zweifach Antrieb am Chisel hat sich als überraschend angenehme Abwechslung im Zeitalter der einfach Antriebe gezeigt. Die Gewohnheit hat mich beim Absteigen zwar immer wieder auf das große Kettenblatt schalten lassen (linker Daumenshifter der Dropper Post lässt grüßen), aber man gewöhnt sich an alles. Für die üblichen Trainingsausflüge im deutschen Mittelgebirge und Marathons sind wir begeistert. Geht die Reise eher in Richtung Cross Country Rennen, müsste allerdings der Umwerfer und ein Kettenblatt weichen. In einer Disziplin, wo man Runde für Runde mit maximalem Druck im Pedal unterwegs ist, ist der Vorteil der leichteren Schaltlogik und das geringere Gewicht des einfach Antriebes Gold Wert.

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Kleinere Unebenheiten überrollen die großen Räder lässig.

Bergab

Wie von den 29“ Laufrädern zu erwarten, ebnen sie effektiv den Weg und lassen kleinere Unebenheiten gefühlt nahezu verschwinden. Wurde es rauer, konnte die Rock Shox Reba RL zeigen was in ihr steckt. Kombiniert mit dem 720 mm breiten Lenker, der für zusätzliche Kontrolle sorgte, ließ sich das Chisel überraschend flott über meine Hometrails bewegen, die sonst eher für Räder mit mehr Federweg gedacht sind. Durch die Kombination aus langer Front und kurzen Kettenstreben, ist man gerade in steileren Abfahrten allerdings immer versucht die Hüfte etwas zu weit über das Hinterrad zu bewegen, was unweigerlich zu Traktionsverlust am Vorderrad führt. Hier gilt es seine Balance auf dem Rad zu finden.

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Mit Schwung geht´s in den Trail.

Die Shimano Deore Bremsen erwecken beim ersten Anblick zwar weniger Emotionen als die großen Geschwister XT oder XTR, überraschen dafür aber mit ordentlicher Bremskraft. Als Fliegengewicht reichen die verbauten 160 mm Bremsscheiben (Rahmengröße S) voll und ganz aus. Größere Fahrer brauchen aber keine Angst haben: Ab Rahmengröße M kommt das Chisel mit einer 180 mm Bremsscheibe am Vorderrad.

Specialized Chisel 2018
Auf flowigen Strecken fühlt sich das Chisel pudelwohl.

Fazit

Das Specialized Chisel hat sich als perfekter Begleiter für ambitionierte Einsteiger erwiesen. Mit der Geometrie des Epic HT, einem Gewicht was in der Nähe von Carbon Bikes rangiert und einem gut gewählten Komponentenmix ist es schwer an diesem Bike vorbei zu gehen, ohne kaufen es kaufen wollen.

Wer über eine Cross Country Rennteilnahme nachdenkt, wird sicherlich früher oder später auf einen 1-fach Antrieb umstellen, um das volle Potenzial bei dieser schnellen Sportart zu entfachen. Für alle Anderen wird die große Bandbreite von 22 Gängen ein idealer Begleiter bleiben.


Text & Bilder: Thomas Kappel
Redaktion: Robin Krings
weitere Informationen: Specialized Bikes

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Thomas Kappel
Laufen war noch nie Thomas sein Ding. In seiner Jugend war er viel auf Skateboard oder Inline Skates unterwegs und jetzt nur noch auf dem Bike. Auch heute noch läuft er nur freiwillig, wenn es darum geht sein Rad unfahrbare Passagen hoch zu bekommen. Die meiste Zeit findet man ihn auf seinem Enduro auf flowig bis technischen Trails. ///Daten, Fahrstil und Vorlieben: 1,63 m groß, 66 kg (fahrfertig). Fahrstil am liebsten beide Räder am Boden und Vollgas mit tendenz im Trail zu spielen. Vorliebe für Naturtrails, ruppig bis technisch

2 Kommentare

  1. Hi!
    Danke für den tollen Testbericht!
    Kannst du vielleicht noch ein paar Sätze zu Komfort und Steifigkeit nachliefen?
    VG
    Denis

    • Servus Denis,

      Komfort war soweit vorhanden, wie es ein Hardtail eben vermag. Wäre das Rad noch bei mir, würde ich aber sicherlich lieber das Chisel, als meinen Crosser nehmen.

      Als kleiner und leichter Fahrer ist Steifigkeit/Flex für mich selten ein Problem. Ich habe zwar tatsächlich schon Bikes gehabt, die sich bei einem harten Antritt spürbar verwunden haben, das Specialized Chisel gehört aber nicht dazu. Bei moderaten Gelände hat man dennoch nicht das Gefühl, dass das Hinterrad überall rumspringt, wie es bei zu steifen Rahmen gern der Fall ist.

      Beste Grüße
      Thomas

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