Ready to race. So die Erwartung an Canyons aktuelle Interpretation eines schnellen und kompromisslosen Downhill Bikes: Das Canyon Sender CF. Im Downhill World Cup konnte sich das Sender in dieser Saison mit bereits einem eingefahrenen Sieg beweisen. Seit Beginn des Jahre haben auch wir das Canyon Sender CF 9.0 ordentlich unter die Lupe genommen und über verschiedene Strecken gejagt.

Im zweiten Teil unseres Dauertests verraten wir, wie sich das Sender fährt und ob es unseren Erwartungen gerecht wird. Wer noch einmal alle Infos zur Ausstattung und Geometrie des von uns getesteten Top-Modells nachlesen möchte, gelangt hier (Link) zum ersten Teil unseres Canyon Sender CF 9.0 Dauertests.

Canyon Sender CF 9.0
Sender CF 9.0: Hier mit 62 Grad Lenkwinkel und langem Radstand

Die Rahmengröße:

Für eine Körpergröße von 1,82 m empfiehlt Canyon eigentlich schon Rahmengröße L, was bei dem wesentlichen Einsatzgebiet „Downhill-Race“ auch durchaus für einige Fahrer die bevorzugte Wahl sein sollte, wenn Hochgeschwindigkeitsstabilität ganz weit oben auf der Anforderungsliste steht. Soll es zumindest ein bisschen verspielter und wendiger sein oder schlichtweg besser zu den persönlichen Vorlieben passen, kann bei Downhill Bikes auch gerne einmal zur kleineren Größe gegriffen werden.

Mit dem Fokus auf einen möglichst breiten Einsatzbereich können wir vorwegnehmen, dass das Sender in Größe M (auch bei 1,82 m) durchaus überzeugt hat. Und machen wir uns mal nichts vor… ein Sender in Größe M sollte nicht unbedingt mit anderen aktuellen Bikes in Größe M verglichen werden. Während das Canyon Sender CF 9.0 in Größe M mit einem Reach von 440 mm und einem Radstand von 1232 mm (in der kurzen Einstellung!) nahezu identische Geometriewerte wie ein Specialized Demo in Größe L aufweist, kommt es im Vergleich mit einem Santa Cruz V10 sogar sehr nah an Größe XL heran. Probesitzen oder der genaue Blick auf die Geometrietabelle ist demnach unsere ganz klare Empfehlung.

Die Fahreigenschaften des Canyon Sender CF 9.0 :

Für die ersten Ausfahrten haben wir die Geometrie im Vergleich zum Auslieferungszustand unverändert gelassen. Soll heißen: 63 Grad Lenkwinkel und die mit 430 mm kurze Einstellung bei den Kettenstreben. Schon mit diesem Setting war keine lange Eingewöhnungszeit notwendig, um sich auf dem Sender äußerst wohl zu fühlen und sich mit einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen in hohe Geschwindigkeitsbereiche vorzuwagen.

Canyon Sender
Umsetzen in der Luft ist mit dem Sender kein Problem.

Der bereits in dieser „kurzen“ Einstellung 1232 mm lange Radstand trägt entscheidend dazu bei, dass grobes Geläuf wie Steinfelder oder Wurzelteppiche einfach gesagt gelassener durchfahren werden können als mit kürzeren Bikes. Schattenseiten in Form von trägem oder schwerfälligem Handling auf engeren oder langsamen Trails waren dank des 63er Lenkwinkels und der relativ kurzen Kettenstreben nicht zu spüren. Im Vergleich zu anderen Bikes mit längerem Front-Center und kurzen Kettenstreben macht aber auch das Canyon Sender keine Ausnahme. Es erfordert in diesem Setting einen durchaus aggressiv nach vorne ausgerichteten Fahrstil mit ausreichend Druck auf dem Vorderrad. Wer diesen Fahrstil jedoch beherrscht, kann es mit dem Sender richtig krachen lassen.

Mit der Kombination aus Carbonrahmen und einem Hinterbau aus Aluminium ist es Canyons Konstrukteuren durchaus gelungen präzises und direktes Handling mit einem immer noch gutmütigen Fahrverhalten zu vereinen. Lenkbewegungen werden dank des am Steuerrohr recht massiv gearbeiteten Rahmens exakt umgesetzt, während der im Vergleich weniger steife Aluminium-Hinterbau sich von seitlichen Lasten, wie sie beispielsweise gerne in Steinfeldern auftauchen, nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Mit dem Umbau der Steckachse, des Schaltauges und der Bremsaufnahme auf die 16 mm längeren Kettenstreben ist sofort spürbar, dass sich die Position auf dem Sender ein wenig entspannen lässt. Die Gewichtsverteilung verlagert sich dank der längeren Kettenstreben etwas mehr nach vorne, wodurch es spürbar einfacher wird den Grip am Vorderrad aufrecht zu halten. Insgesamt vermittelt das Sender mit diesem Setup noch mal mehr Kontrolle, sodass sich hohe Geschwindigkeiten sowohl im groben Gelände als auch in langgezogenen Kurven schlichtweg gelassener erreichen und auch halten lassen.

Für diesen Zugewinn an Sicherheit und Kontrolle haben wir gerne die minimalen Abstriche bezüglich der Wendigkeit in Kauf genommen, welche sich aber auch mit ein wenig Körpereinsatz kompensieren ließen. Auf schnellen und weiten Strecken sind die 446 mm langen Kettenstreben somit aus unserer Sicht die erst Wahl für maximale Kontrolle und Sicherheit.

Sender CF im Anlieger
62 Grad Lenkwinkel ist für solche Kurven wirklich nicht notwendig. Spaß macht es aber trotzdem…

Wer es noch schneller möchte, hat jetzt zusätzlich die Möglichkeit mittels der mitgelieferten Steuersatzschalen den Lenkwinkel von 63 auf 62 Grad abzuflachen. Auch wir sind jetzt seit einigen Wochen mit diesem flachen und langen Setup unterwegs, welches uns insbesondere mit der langen Einstellung der Kettenstrebe sehr gut auf schnellen Strecken gefällt. Wirklich verspielt ist das Bike dann nicht mehr. Wer jedoch oft im alpinen Gelände und mit hohem Tempo unterwegs ist, sollte dieses Setup unbedingt einmal ausprobieren.

Steuersatzschale für 62 und 64 Grad
Die zusätzlich mitgelieferten Steuersatzschalen ermöglichen einen Lenkwinkel von 62 oder 64 Grad. Zum Einbau benötigt man jedoch ein Einpresswerkzeug.

Für alle anderen empfehlen wir beim Lenkwinkel von 63 Grad zu bleiben, da das Sender damit auf dem Großteil aller Strecken sehr gut zurechtkommen sollte und der Einsatzbereich schlichtweg größer ist als mit den doch schon recht flachen 62 Grad. Die ebenfalls möglichen 64 Grad haben wir für den Test bislang nicht ausprobiert, da wir zu keiner Zeit den Wunsch hatten, das Sender im Vergleich zum Standard-Lenkwinkel wendiger auszulegen.

Unabhängig von Lenkwinkel und Kettenstrebenlänge können wir dem Sender attestieren, dass es satt auf der Piste liegt und dabei, wie von einem Race Bike zu erwarten, ordentlich Feedback vom Untergrund vermittelt.

Sender Sprung 1 Cycleholix
Langer Radstand und ausgeglichenes Fahrwerk helfen: Kontrolle im Absprung, in der Luft und bei der Landung.

Ebenso typisch für ein Race Bike, oder besser gesagt erwünscht, ist der effiziente Vortrieb. Das Sender lässt sich unabhängig vom Dämpfersetup für ein DH Bike sehr gut beschleunigen. Der von Canyon beworbene hohe Anti-Squat Wert des Hinterbaus ist definitiv im positiven Sinne spürbar. Eventuelle Nachteile in Form von störendem Pedalrückschlag sind uns zumindest im Fahrbetrieb nicht aufgefallen.

Das Fahrwerk:

Zur Fox 40 müssen wir nicht viele Worte verlieren. Sie ist durchweg eine sichere Bank. Am Sender haben wir sie je nach Vorliebe mit vier oder sechs Tokens gefahren. Vier Tokens mit etwas höherem Luftdruck und ca. 15 – 20 % Negativfederweg oder, wenn es mal etwas komfortabler den ganzen Tag im Park bergab gehen sollte, mit sechs Tokens und etwas weniger Luftdruck bei zirka 20 – 25 % Negativfederweg. Mit diesen Setups konnten wir eine gute Balance zwischen der Fox 40 und dem Sender Hinterbau mit dem Fox Float X2 Dämpfer erreichen.

Etwas interessanter wurde es mit dem Setup des Float X2.

Beginnen möchten wir mit dem SAG Monitor des Senders, der laut Canyon ein schnelles erstes Setup ermöglichen soll. Wir haben nachgemessen! Nachdem wir den Luftdruck so eingestellt hatten, dass beide Striche des SAG Monitors so eben übereinander lagen, konnten wir am Dämpfer rund 23 mm Hub messen, was bei 76 mm Hub und vernachlässigten Nachkommastellen 30 % Negativfederweg am Dämpfer entspricht. Die Ablesegenauigkeit des SAG Monitors geht für die Einfachheit dieser Lösung für ein grobes Setup in Ordnung.

Auf der Strecke – oder besser gesagt – je nach Strecke waren die Gefühle allerdings ein wenig gemischt. Das Handling war ganz gut, der Hinterbau fühlte sich jedoch teilweise ein wenig harsch an. Zudem gab das Sender bereits bei lockerer Fahrweise recht viel Federweg frei, sodass wir am Ende der Abfahrt nur noch eine minimale Notreserve von vielleicht 2 mm Federweg am Dämpfer zur Verfügung hatten.

Fox Float X2 am Anschlag
Keine Reserve mehr am Dämpfer. Bei etwas zu viel Negativfederweg oder zu wenig Spacern ein gewohntes Bild.

Trotz deutlich erhöhter Druckstufen und vollständig verbauter Volumen-Spacer im Float X2 war der Federweg bei flotterer Gangart regelmäßig komplett verbraucht. Für ein progressiv ausgelegtes Race Bike, was sich laut Canyon mit wenig Druckstufendämpfung fahren lassen sollte, wurden unsere Erwartungen zumindest mit diesem ersten Setup nicht ganz erfüllt.

Für uns hieß das: Luftdruck erhöhen und Negativfederweg reduzieren, was aber beim Sender aufgrund der folgenden Überlegung in Ordnung ist:

Die Hinterbaukinematik des Senders ist grundlegend progressiv ausgelegt. Dabei ist zu beachten, dass bei progressiven Rahmen der tatsächliche Federweg am Hinterrad anfangs schneller zunimmt als der Dämpferhub. Somit sind zum Beispiel 30 % „echter“ Federweg am Hinterrad bereits erreicht, BEVOR 30 % Dämpferhub verbraucht sind. Andersherum formuliert: Messen wir 30 % Negativfederweg am Dämpfer (wie es auch der Canyon SAG Monitor vorgibt), ist bei am Hinterrad bereits ein größerer Anteil des Federwegs verbraucht.

Wie weit dieses Verhältnis zwischen gemessenen Dämpferhub und Federweg am Hinterrad auseinander geht, hängt ganz von der Progression des jeweiligen Rahmens bzw. vom Verlauf der Rahmenkennlinie ab. Anhand dieser Kennlinie kann dann ermittelt werden wie viel Federweg in Abhängigkeit des Dämpferhubes zur Verfügung steht. Im Fall des Senders und dessen Kennlinie sind bei 30 % Dämpferhub in etwa 35 % des „wahren“ Federwegs am Hinterrad verbraucht. (Wer hier Interesse an mehr Details oder konkreten Zahlen und Kennlinien hat, sollte mal einen Blick ins Netz riskieren. Dort findet man auf Seiten wie z.B. blogspot.linkagedesign.com eine mittlerweile recht vollständige Sammlungen verschiedener Kennlinien zu aktuellen Bikes.)

Eine solche Kennlinie zeigt Canyon zumindest auch schematisch in dem sogenannten Whitepaper zum Sender, welches auf der Canyon Website zum Download bereitsteht.

Sender CF Suspension Concept
Quelle: Canyon

Während die Achse mit der Bezeichnung „Ratio“ bei solchen Diagrammen immer das Verhältnis von Federweg am Hinterrad zu Dämpferhub angibt, wird auf der Achse namens „Travel“ immer der tatsächliche Federweg am Hinterrad angegeben.

Canyon hat also, zumindest laut diesem Diagramm, die Hinterbaukinematik am Sender auf 30 % (60 mm) Negativfederweg am !Hinterrad! ausgelegt. Für den progressiven Sender CF Rahmen sollte daher, am Dämpfer mit insgesamt 76 mm Hub, ein etwas geringerer Negativfederweg als 30 % (22.8 mm) eingestellt werden.

Stimmt jetzt der SAG Monitor mit seinen 30 % am Dämpfer oder sind jetzt 30 % am Hinterrad das gewünschte Ziel für den Sender Hinterbau?

Wir lassen das jetzt einfach mal so stehen, da es hier auch nicht um „richtig“ oder „falsch“ geht. Für uns war es nur wichtig den groben Bereich zu finden, bei dem sich das Sender rein subjektiv am besten fährt. Trotzdem würden wir uns aber für die Zukunft eine etwas „eindeutigere“ Info zum Negativfederweg wünschen.

Letztendlich haben wir nach diesem kleinen Gedankenspiel den Luftdruck im Float X2 soweit erhöht, bis wir fahrfertig und in Abfahrtsposition auf dem Bike stehend knapp 20 mm Negativfederweg am Dämpfer messen konnten. Mit diesen rund 26 % am Dämpfer kommen wir am Hinterrad in etwa bei den gewünschten 30 % bzw. 60 mm heraus.

Sender im Anlieger Cycleholix
Mit seinem souveränen Handling lassen sich auch hohe Geschwindigkeiten mit dem Sender regelrecht gelassen erreichen.

Unabhängig von diesen ganzen Überlegungen können wir festhalten, dass sich das Sender jetzt so fuhr, wie wir es uns erhofft hatten. Der Hinterbau arbeitete einfach gesagt besser. Starke und schnelle Schläge wurden souveräner verarbeitet ohne spürbar Sensibilität bei kleinen Unebenheiten einzubüßen. Dies wurde noch einmal durch die nun weiter offen gefahrenen Druckstufen unterstützt. Trotz recht geringer Low und High Speed Druckstufendämpfung fuhr sich das Sender sehr stabil, stand hoch genug im Federweg und vermittelte auch in schnell durchfahrenen Anliegern ordentlich Gegendruck ohne zu viel Federweg freizugeben.

Sogar die gewünschte kleine Notreserve an Federweg war jetzt vorhanden, sodass wir bei fahrfertigen 88 Kilogramm und rund 220 psi Druck, je nach Strecke und Setup der Druckstufen, teilweise auch mit nur vier der maximal fünf verbauten Volumen-Spacern im Float X2 gut klar gekommen sind.

Kurzum: Mit etwas weniger Negativfederweg als 30 % am Float X2 fährt sich das Sender schneller, sicherer und besser!

Zwischenfazit:

An dieser Stelle können wir zusammenfassen, dass wir aktuell in Sachen Fahreigenschaften wirklich sehr von Canyons Sender CF 9.0 überzeugt sind. Die anpassbare Geometrie und die damit verbundenen Möglichkeiten das Bike noch besser an verschiedene Strecken oder persönliche Vorlieben anzupassen untermauern den ohnehin schon hervorragenden Eindruck noch einmal mehr. Spannend wird jetzt noch, wie sich das Sender bis zum Ende des laufenden Jahres schlägt und ob die verbauten Komponenten halten, was sie versprechen. Bis jetzt gibt es zumindest wenig, was zu beanstanden wäre.

All dies werden wir zum Ende des Jahres im dritten Teil unseres Dauertests für Euch aufbereiten.


UPDATE von 07. August 2017

Wenige Tage nach Veröffentlichung unseres Testberichts schickte uns Canyon noch ein kurzes Statement, welches unser Vorgehen und die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Sender CF Dauertest durchaus bestätigt. Lest selbst, was uns Canyon zum Thema SAG Monitor und Negativfederweg geschrieben hat:

„Die SAG Indikation ist als Richt- und Startwert für die Einstellung des Fahrwerks zu verstehen, von dem aus der Fahrer das Bike optimal auf den eigenen Fahrstil einstellen kann. Wenn der Fahrstil aggressiv ist, kann sich wie in eurem Fall auch ein Sag-Wert von unter 30% als ideal herausstellen. Grundsätzlich ist der Sender als Race-Bike konzipiert, was sich in den entsprechend vielen Einstellmöglichkeiten des Bikes widerspiegelt. Somit lässt sich für jede Strecke und jeden Fahrertyp ein maximal effizientes und letztendlich schnelles Setup erreichen.“


Text und Redaktion: Robin Krings
Bilder: Thomas Kappel, Robin Krings
Weitere Informationen: Canyon

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