Seit mehreren Jahren befinden sich Fahrräder mit elektrischer Unterstützung auf dem Vormarsch. Dank immer besserer und vor allem auch robusterer Antriebslösungen wächst auch das Angebot an E-Mountainbikes und die Anzahl ihrer Fans nimmt stetig zu. Nicht zuletzt aus diesen Gründen, sondern auch getrieben von ein wenig Neugierde, haben wir von Cycleholix zum ersten Mal ein E-Mountainbike getestet.

Für diese Premiere hat uns Giant Bicycles eines seiner aktuellen E-All Mountain Bikes zur Verfügung gestellt: Das Giant Full-E+ 0

Giant Full-E+ 0
Giant Full-E+ 0

Mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 4.799,90 € ist das Full-E+ 0 derzeit das hochwertigste E-All Mountain Bike von Giant. Hochwertig bedeutet in diesem Fall, dass der Käufer des Full-E+ 0 für sein Geld ein komplettes Fox Fahrwerk, Shimano XT-Bremsen und Schaltung, verschiedene Komponenten aus dem Hause Giant sowie einen Antrieb von Yamaha bekommt.

Ausstattung:

Rahmen: GIANT Full-E+ 27.5″ AluxX SL Aluminium für SyncDrive Mittelmotor, 127mm Smart-Link, OverDrive Steuerrohr, interne Zugverlegung, Ausfallenden kompatibel mit 12 mm-Steckachse
Gabel: FOX Performance Elite 34 Float 140 FIT4 3-Position Lever, Open Mode Adjust, 1⅛“~1½“-OverDrive Alu-Schaft, 15 mm-Steckachse
Dämpfer: FOX Performance Elite Float 3-Position Lever
Lenker: GIANT Contact SL TR RiserBar, 19mm Rise, 31.8×730
Vorbau: GIANT Contact SL, ±8°, 31.8
Sattelstütze: GIANT Contact SL Switch-Remote, Vario-Stütze, Zero-Offset, 30.9
Sattel: GIANT Contact Upright
Pedale: GIANT by Wellgo B087 Plattform
Schalthebel: Shimano Deore XT Dyna-Sys11 M8000 1×11
Schaltwerk: Shimano Deore XT Dyna-Sys11 Shadow Plus M8000
Bremsen: Shimano Deore XT M8000, Hydraulik-Scheibenbremse, RT86 Ice-Tech Rotoren (200/180mm)
Bremshebel: Shimano Deore XT M8000
Kassette: Shimano Deore XT Dyna-Sys11 M8000-11f., 11-42 Z.
Kette: KMC X11e
Kurbelsatz: GIANT by FSA CK-746-1/IS, ISIS spline, Aluminium, 36 Z. Stahl-Kettenblatt, Kettenführung
Felgen: GIANT PXC-2 Disc Laufrad-Satz, geöst, ETRTO 19-584
Naben (v/h): GIANT by Formula PXC, 15mm-Steckachse / DT Swiss RWS
12×142 mm-Steckachse
Speichen: Niro 2.0 schwarz, 32/32 Speichen
Reifen: Schwalbe Nobby Nic Evolution, faltbar, SnakeSkin, 60-584, TrailStar / PaceStar

Quelle: Giant

E-Bike System:

Motor: GIANT SyncDrive Performance powered by Yamaha Mittelmotor,
250 W, 80 Nm, ISIS
Steuergerät: GIANT PedalPlus powered by Yamaha 4-fach Sensorik
Bediendisplay: Zentrales GIANT LC-Display mit Sport-RideControl in Griffnähe
Akku: GIANT EnergyPakF Lithium-Ionen Unterrohr-Akku, 36V-13.8Ah (496Wh), abschließbar

Quelle: Giant

Abgesehen von Motor, Steuergerät, Bediendisplay und Akku unterscheidet sich die Ausstattung des Full-E+ 0 kaum von der eines „normalen“ All Mountain Bikes. Einzig beim Federweg des Rahmens fällt auf, dass dieser im Vergleich zu vielen anderen All Mountain Bikes mit 127 mm etwas geringer ausfällt.

Der erste Eindruck

Herzstück des Giant Full-E+ 0 ist zweifelsohne der GIANT SyncDrive Performance Antrieb mit seinem Yamaha Mittelmotor. Wie viele andere E-Bikes verfügt dieser über eine Leistung von 250 Watt. Mit seiner maximalen Unterstützung von 80 Nm sollten auch sehr steile Anstiege gut gelingen. Trotz dieser Kraft ist aber auch hier bei einer Geschwindigkeit von über 25 km/h mit der Unterstützung Schluss.

Dieses Herzstück bringt aber den vermutlichen Nachteil aller E-Bikes mit sich. Dank Motor und Akku bringt es das Giant auf ein Gewicht von insgesamt 21 kg.

Giant-Full-E+ 0 Cockpit

Gesteuert wird das E-Bike-System über eine Bedieneinheit, die neben dem recht kleinen An-/ Aus-Schalter über vier große Taster verfügt. Mit diesen kann der Fahrer selbst mit dicken Handschuhen schnell und sicher zwischen den vier Modi „Aus“, „Eco“, „Normal“ und „Sport“ wählen, die Displaybeleuchtung aktivieren, den Kilometerzähler zurücksetzen und sich die verschiedenen Daten seiner Tour anzeigen lassen.

Das Display ist mittig auf dem Lenker vor dem Vorbau befestigt und lässt sich sehr gut ablesen. Es sollte somit sichergestellt sein, dass der Fahrer auch bei schwierigen Wetterbedingungen fortlaufend die noch zur Verfügung stehende Akku-Ladung im Blick hat.

Giant-Full-E+ Hinterbau
Für den E-Bike-Betrieb optimierter abgestützter Eingelenker

Während bei den meisten vollgefederten Mountainbikes von Giant der sogenannte Maestro Hinterbau zum Einsatz kommt, wurde der Hinterbau des Full-E+ als abgestützter Eingelenker konstruiert. Bei dieser Konstruktion hat Giant den Hauptdrehpunkt des Hinterbaus recht weit oben auf Höhe der Kette platziert. Dies sollte zum einen für ein gutes Ansprechverhalten zum anderen für möglichst geringe Antriebseinflüsse auf die Federung sorgen.

Hauptlager des Rahmens
Gut vor Dreck geschützt: Der Fox Float Dämpfer

Wie beim Maestro Hinterbau wird der Dämpfer über einen Rocker-Link mit dem Hinterbau verbunden und unten auf der Achse des Hauptdrehpunktes befestigt. Ein netter Nebeneffekt dieser Konstruktion: der Dämpfer wird teilweise vom Sitzrohr umschlossen und ist somit sehr gut vor Dreck geschützt.

XT-M8000 Scheibenbremsen
XT M8000 Scheibenbremse mit 200 mm Scheibe am Vorderrad

Bei den Bremsen und der Schaltung greift Giant für das Full-E+ 0 auf Shimanos Deore XT M8000 zurück. Die Scheibenbremsen kommen mit einem Durchmesser von 200 mm am Vorderrad und 180 mm am Hinterrad, was mehr als ausreichend Bremspower zur Verfügung stellen sollte.

Die Position des hinteren Bremssattels hat Giant gut gewählt. Dieser wird auf der Kettenstrebe montiert und liegt dank des breiten Hinterbaus mit seiner weit außen angreifenden Sitzstrebe gut geschützt zwischen beiden Streben. Diese Konstruktion bringt jedoch einen kleinen Nachteil mit sich. Der Abstand zwischen dem Hebel der Schraubachse und der Sitzstrebe ist sehr gering. Wer in der Eile die Achse beim Ein- oder Ausbau nicht weit genug herauszieht riskiert hässliche Schrammen an der hervorstehenden Schweißnaht.

Shimano XT-M8000 Schaltwerk
11-fach Antrieb mit Shimano XT Schaltwerk und Shadow+

Ein Shimano XT Schaltwerk mit Shadow+ Technik soll für eine ruhige Fahrt sorgen und präzise Schaltwechsel ermöglichen. Das Ritzelpaket mit 11 Ritzeln von 11 bis 42 Zähnen wird mit einem Kettenblatt mit 36 Zähnen gepaart. Bei einem All Mountain Bike ohne Hilfsantrieb ergibt sich hier schon eine durchaus sportliche Übersetzung, die an langen und steilen Anstiegen so manchen Fahrer in die Knie zwingen sollte. Es bleibt also abzuwarten, welche Limits diese Übersetzung an einem E-Mountainbike mit sich bringt.

Giant Contact Remote Hebel
Der Remote Hebel der Giant Vario-Sattelstütze

Vario-Sattelstützen sind unserer Meinung nach eine Pflichtausstattung für Trail, All Mountain und Enduro Bikes. Entsprechend wundert es nicht, dass Giant auch seine E-All Mountain Bikes direkt mit der hauseigenen Contact SL Switch-Remote Sattelstütze ausliefert.

Schade finden wir allerdings, dass beim Giant Full-E+ eine Vario-Sattelstütze mit externer Zugführung verbaut wird. Denn abgesehen von der reinen Optik empfanden wir den Zug bei der Montage eines Rücklichts oder eines Schutzbleches störend.

Auf dem Trail

Das erste Mal auf einem E-Mountainbike in die Pedale zu treten war definitiv mit ein wenig Verwunderung verbunden. Wir hatten nicht damit gerechnet, wie kräftig uns der Motor speziell im Sportmodus nach vorne schiebt. Die Grenze von 25 km/h, bis zu der der Motor unterstützt, ist im flachen Gelände und bei leichten Steigungen schnell erreicht. Der damit einhergehende gleichmäßig surrende Ton des Motors ist zwar wahrzunehmen, jedoch für den Fahrer selbst nicht störend.

Bewegt man sich mit über 25 km/h über den Trail ist kaum ein Unterschied zu einem normalen Mountainbike zu spüren. Dank des tiefen Schwerpunktes fällt das Mehrgewicht von circa sieben bis acht Kilogramm im normalen Fahrbetrieb weniger auf, als wir zuerst vermutet hatten.

Giant-Full-E+ 0 auf dem Trail
Im leichten Gelände stört das Mehrgewicht nicht wirklich

Unter einer Geschwindigkeit von 25 km/h muss der Fahrstil auf Grund des Elektroantriebs dann doch angepasst werden. Dies betrifft insbesondere die Reaktion des Antriebs auf die Trittkraft des Fahrers.

Während der Elektromotor das Giant nahezu unmittelbar nach dem ersten Druck auf die Pedale gleichmäßig nach vorne schiebt, reagiert das System erst mit einer leichten Verzögerung, wenn der Fahrer den Druck reduziert. Mit anderen Worten: Der Motor treibt auch dann noch einen kleinen Moment an, wenn der Fahrer bereits aufgehört hat zu treten. Mit dieser Trägheit des Antriebssystems wird sichergestellt, dass das Giant den Fahrer – trotz leicht schwankender Trittkraft – gleichmäßig unterstützt.

Wir konnten uns im Laufe des Tests sehr schnell an dieses Verhalten gewöhnen. Einzig bei Schaltvorgängen mussten wir an unserem Timing im Vergleich zum normalen Mountainbike arbeiten, da der Motor auch dann noch einen kurzen Moment antreibt, wenn wir bereits die Last kurz vor dem Gangwechsel reduziert hatten. Insbesondere auf den ersten Ausfahrten quittierte der Antrieb den ein oder anderen Schaltvorgang unter Volllast verständlicherweise mit einem lauten Knacken.

Giant Full-E+ 0 am Berg
Die Paradedisziplin des Full-E+ 0: Der Anstieg

Die größte Freude bereitet das Giant Full-E+ 0 zweifelsohne auf der Auffahrt. Lange und steile Anstiege, die wir sonst nur bei gutem Wetter und mit entsprechender Fitness überstanden haben, ließen sich dank der maximal zusätzlichen 80 Nm selbst bei widrigen Bedingungen bewältigen. Mit dem zusätzlichen Antrieb und der gleichmäßigen Kraftentfaltung ließen sich insbesondere auch recht technische Anstiege sehr gut meistern. Dies lag vielleicht auch daran, dass wir selbst auf langen Anstiegen sowohl Dämpfer als auch Gabel im Open-Modus gefahren sind und somit maximalen Grip zur Verfügung hatten. Wir haben schlichtweg nicht den Drang verspürt, bergauf bei Gabel oder Dämpfer in einen strafferen Modus zu wechseln, da das Fahrwerk nahezu ohne Wippen seinen Dienst verrichtete.

Solange wir für lange Anstiege auf den Sport- oder Normal-Modus zurückgreifen konnten, zeigte sich auch, dass die gewählte Übersetzung mit einem 36er Kettenblatt und einem 42er Ritzel sehr gut passte. Waren wir jedoch gegen Ende einer Tour gezwungen den Akku im Eco-Modus zu schonen, hätte das Kettenblatt auch gerne eine Nummer kleiner ausfallen können.

Giant-Full-E+ 0 auf dem Trail
Auf weitläufigen Trails ist kaum ein Unterschied zum normalen Bikes zu spüren

Oben am Berg angekommen kann sich der Fahrer des Giant auf die Abfahrt freuen. Auf flowigen Trails mit weiten Kurven ist nahezu kein Unterschied zu einem normalen All Mountain Bike zu spüren. Uns ist lediglich aufgefallen, dass das Giant für seinen relativ geringen Federweg von 127 mm am Rahmen satt auf dem Trail liegt und auch sehr stabil geradeaus läuft. Auch gröberes Gelände mit Wurzeln, Steinen oder Bremswellen steckt das Full-E+ 0 verhältnismäßig gut weg.

Ein paar Kompromisse muss der Fahrer jedoch eingehen, wenn der Trail enger wird und man gezwungen ist das Bike durch schnelle Wechselkurven zu zirkeln. 21 kg Gesamtgewicht tragen einfach ihren Teil dazu bei, dass das Giant im Vergleich zu normalen Bikes eine gewisse – All Mountain typische – Leichtfüßigkeit vermissen lässt.

Giant-Full-E+ 0 im Sprung
Mit etwas mehr Einsatz geht auch ein E-Bike in die Luft

Diese Tatsache spürt man auch deutlich, wenn das Giant durch die Luft bewegt werden muss. Während natürliche Absprünge kein Problem darstellen, erfordert der klassische Bunny-Hop einen deutlich höheren Einsatz des Fahrers.

Reichweite im Testbetrieb

Auf den Ausfahrten mit dem Full-E+ 0 lag der Fokus für uns auf maximalem Spass. Es ging uns weniger darum am Ende einer Tour entspannter zu Hause anzukommen, sondern viel mehr in der gleichen Zeit mehr Trails zu befahren, mehr Anstiege zu meistern und folglich auch mehr Abfahrten mitnehmen zu können. Somit sind wir das Bike hauptsächlich im Sport- und Normal-Modus gefahren, da hier auch leicht bergauf verlaufende Trails dank des höheren Tempos einen ganz neuen Anreiz boten.

Auf diese Art und Weise hat uns der Akku bei durchaus abwechslungsreichem Gelände für circa zwei bis zweieinhalb Stunden Energie zur Verfügung gestellt. Wer gerne länger unterwegs ist, sollte auch des Öfteren mal den Eco-Modus verwenden, um den Akku zu schonen und die Reichweite zu verlängern. Der Eco-Modus kompensiert in etwa das höhere Gewicht des Giant, sodass immer noch eine leichte Unterstützung – bei klar reduzierter Fahrfreude im Vergleich zu Normal- oder Sport-Modus – spürbar ist.

Die Komponenten

Während der vergangenen Wochen hat die Ausstattung des Giant Full-E+ 0 einen positiven Gesamteindruck bei uns hinterlassen.

Der Antrieb des Giant Full-E+ 0 hat uns dabei nie im Stich gelassen. Einzig die angezeigte Geschwindigkeit ist während des gesamten Testzeitraums drei Mal „eingefroren“, was sich aber umgehend mit einem Neustart der Bediendisplays beheben ließ.

Auch die verbauten Komponenten haben ihren Dienst tadellos verrichtet. Das Fox Fahrwerk ließ sich schnell hinsichtlich unserer Vorlieben einstellen und hat uns genügend Reserven auch bei sportlicher Gangart zur Verfügung gestellt.

Shimanos XT M8000 Bremsen und Schaltung arbeiteten zuverlässig, wenngleich die Bremsen auf unseren überwiegend verregneten und matschigen Fahrten zeitweise auch sehr laut werden konnten.

Positiv überrascht waren wir von der Bereifung. Auch wenn es sich bei Schwalbes aktueller Version des Nobby Nic eigentlich um einen Allround Reifen handelt, hat er sich auch bei sehr schlechtem Wetter als guter Begleiter erwiesen. Besonders der Grip an steilen Anstiegen war durchaus besser als wir es dem Reifen anfangs zugetraut hatten.

Fazit

Nach circa 6 Wochen, können wir positiv auf unseren ersten Test eines E-Bikes zurückblicken. Dank des zusätzlichen Antriebs war es uns möglich mehr Trails und somit auch mehr Abfahrten auf unseren Touren zu erfahren.

Berghoch und auf flacheren Trails ein großer Spaß, bringt das Giant mit seinem E-Bike typischen Mehrgewicht jedoch ein paar kleine Nachteile mit sich. Wenn auch viele Abfahrten und technische Abschnitte leicht von der Hand gehen, sind schnelle Richtungswechsel und Sprünge nicht gerade die Stärke dieses Bikes. Das Giant meistert diese Aufgaben nicht schlecht, zieht aber schlichtweg im Vergleich zu einem normalen All Mountain Bike den Kürzeren.

Alle, die sich an diesen Nachteilen nicht stören und die Vorteile des unterstützenden Antriebs genießen möchten, können wir das Giant Full-E+ 0 ganz klar empfehlen. Für eine unverbindliche Preisempfehlung 4.799,90 € bekommt Ihr ein Bike mit gut durchdachter und vor allem zuverlässiger Ausstattung sowie einem Yamaha Antrieb der mit seinen maximal 80 Nm kräftig zur Sache geht.

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