Dass die Wintersportmetropole Saalbach-Hinterglemm nicht erst seit gestern auch ein großes Angebot für Mountainbiker im Sommer anbietet, ist schon länger bekannt, aber dennoch haben wir uns bislang nur im Winter von der tollen Infrastruktur der Pisten und Lifte überzeugen können. Immer wieder lachen einen aber auch in der kalten Jahreszeit überdimensionale Plakatwände an, auf denen Biker mit einem fetten Grinsen zu sehen sind. Diesen Sommer war dann klar, es geht ins schöne Pinzgau.

An einem Sonntag im August war es soweit, in aller Herrgotts Frühe ging es los. Etwa sechs Stunden Autofahrt sind es von Mainz aus. Aber dank freier Autobahnen und ohne Unterbrechung vergingen diese wie im Flug. Ein Pluspunkt für Saalbach ist, dass man aus Richtung München am Inntal-Dreieck vorbeikommend, keine Vignette oder Maut für österreichische Straßen zahlen muss. Ein Vorteil sonntags zu fahren ist der, dass man das hohe Verkehrsaufkommen in Stuttgart, Ulm und München umgeht und man eben im Idealfall ohne Verzögerung am Inntal-Dreieck vorbei kommt. Das ist auch der Flexibilität der Bike ‘n Soul- Hotels und deren Pauschalen zu verdanken, die nicht wie im Winter, den Samstag als An- und Abreisetag diktieren, sondern ganz Freeride-like, viel Spielraum bei der Buchung lassen.

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Direkt hinter dem Ortsschild, wurden wir vom Schattberg und den Ausläufern der X-Line begrüßt, so dass wir förmlich Freerideluft atmen konnten. Deshalb ging es in Hinterglemm am Hotel angekommen darum, keine Zeit zu verlieren, immerhin wollten wir noch die ersten Lines unter die Stollen nehmen. Also kurz ins Zimmer, umziehen und an der Rezeption die JokerCard abholen. Die JokerCard ist quasi der heilige Gral des HotSpots Saalbach-Hinterglemm. Mit dieser Karte konnten wir mit jeder Seilbahn in diesen beiden Orten fahren. Außerdem hätten wir einmal täglich die Asitzbahn in Leogang benutzen dürfen. Und das Beste war, wir haben die Karte, wie jeder Gast, kostenfrei bei der Buchung der JokerCard-Partnerunterkunft für die Zeit des Aufenthaltes ausgehändigt bekommen. Wenn man sich überlegt, was eine Liftkarte im Winter kostet, ist das echt Porno. Natürlich bietet die JokerCard noch weitere Vorteile, aber wir wollten ja schon längst auf dem Trail sein. Alle weiteren Inklusivleistungen der JokerCard findet ihr hier.

Nice
Nice

Unser erster Weg zum Einrollen führte uns zur Blue Line an der Reiterkogelbahn. Die Blue Line ist ein anfängerfreundlicher Trail, der aber mit steigender Geschwindigkeit auch Fortgeschrittenen ordentlich Spaß bereiten kann. Neben der Blue Line gibt es auch noch die Milka Line, sowie den Panorama Trail an der Kohlmaisgipfelbahn, welche sich perfekt für Anfänger oder Familien anbieten. Alle Strecken sind sehr flowig konzipiert mit moderaten Anliegern, netten North Shore Elementen und breiten Sprüngen versehen, welche auch gut überrollbar sind. Man kann also ohne große Bedenken die Bremse lange geöffnet lassen. Leider hatten wir ein wenig Pech mit dem Wetter, denn pünktlich mit der ersten Abfahrt fing es an zu regnen. Da die Blue Line aber so gut wie keine Wurzeln auf der Strecke hat und die North Shore Elemente vorbildlich mit Kaninchendraht optimiert sind, war sie dennoch gut befahrbar. Ein Nachteil der Blue Line sind die teilweise extremen Bremswellen. Das Abenteuerliche an der Blue Line ist, dass der Trail direkt über eine Kuhweide führt. So kann es dann auch mal vorkommen, dass eines der Rindviecher mitten auf dem Trail steht und die Funktion der Bremsen testet. Uns erging es nach zwei, drei Abfahrten so. Zu guter Letzt stellten sich drei Kühe direkt vor den Einstieg zum Trail, so dass kein Durchkommen mehr war.

Da steht ein Pferd auf dem Flur...
Da steht ein Pferd auf dem Flur…

Wir zögerten nicht lang und wechselten zur Proline, die nur wenige Meter entfernt von der Blue Line ihren Anfang hat. Die Freeride-Strecke hat dann schon einen anderen Charakter und ist eher für Fortgeschrittene geeignet. Nicht umsonst werden hier offizielle Rennen, wie beispielsweise während des GlemmRide Festivals, durchgeführt. Der Anfang der Strecke ist noch recht smooth und wir haben schnell ein Gefühl für die Strecke entwickelt. Das änderte sich dann aber, sobald die Strecke das erste Mal den Forstweg überquert. Jetzt warten Tables, Doubles und teils fette Drops auf jeden tollkühnen Rider. Da die Strecke im mittleren Teil einige Varianten anbietet, macht sie erst nach mehreren Abfahrten so richtig Spaß. Denn einmal falsch abgebogen, findet man sich auf dem Evil Eye wieder, der sich durch North Shore Elemente und hohe Drops auszeichnet. Im unteren Teil, nachdem wieder der Forstweg gekreuzt wird, wechselt der Charakter der Proline erneut. Zunächst warteten technische Wurzelpassagen und Steinfelder auf uns, bevor der Trail ein wenig offener mit weiten Anliegerkurven wurde. Vorsicht ist am zweiten Steinfeld geboten, hier steuert der Trail gerade auf die Blue Line zu, welche von rechts kommt. Nicht nur einmal haben wir hier enge Situationen erlebt. Das ändert aber nichts daran, dass uns die Proline mal so richtig gut gefallen hat!

Start der Proline
Start der Proline

Über den zweiten Tag kann man getrost den Mantel des Schweigens hüllen, denn der nicht aufhörende Dauerregen ließ die Motivation in den Keller sinken. Dazu waren vorübergehend auch einige Trails gesperrt bzw. es wurde abgeraten, dort zu fahren. Nun blieb uns nichts anderes übrig, als ein Alternativprogramm auf die Beine zu stellen. Wir entschieden uns dazu, die beiden Ortschaften Saalbach und Hinterglemm etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und das reichhaltige Angebot an Sport- bzw. Bikeshops zu testen. Leider war das genauso ernüchternd wie das Wetter. Die Shops glänzten mit wenig Auswahl und völlig überteuerten Preisen sowie teilweise sehr unfreundlichem Personal. Ansonsten merkt man aber an jeder Ecke, dass sich die beiden Gemeinden voll und ganz dem Mountainbikesport verschrieben haben. „Bikers welcome“ steht hier nicht nur geschrieben, es wird zum Großteil auch gelebt. Das hat uns sehr gefreut, denn so findet man auch mal eine kleine Sprungschanze als Abgang aus dem Restaurant oder einen Pumptrack mitten im Ort, ja und auch mit dreckigen Klamotten wurden wir sehr freundlich bedient.

netter Abgang eines Restaurants
netter Abgang eines Restaurants

Der Wettergott hatte Erbarmen mit uns und schenkte uns einen wunderschönen dritten Biketag, den wir ausgiebig nutzten. Früh morgens nach dem Frühstück rollten wir von unserem Hotel in Hinterglemm nach Saalbach zum Schattberg-X-Press. Ziel war der allseits bekannte Hacklbergtrail. An der Bergstation angekommen, rollten wir ein paar Meter über die X-Line zur Schotterstraße, die uns hoch zum Westgipfel des Schattbergs führte. Es sind zwar nur wenige Höhenmeter, aber diese sind wirklich steil und haben es in sich. Oben angekommen wurden wir mit einem riesigen Panorama belohnt. Dafür hatten wir aber nicht viel Zeit, die Vorfreude auf den Hacklbergtrail war zu groß. Zügig zogen wir unsere Protektoren an und hüpften auf unsere Bikes. Mit einem Knopfdruck wurde der Sattel gesenkt und die Kette nach rechts katapultiert. Bremse auf und Feuer frei für satte zehn Kilometer und 1000 hm Abfahrtsspaß! Der Hacklbergtrail ist eindeutig der Star in der Umgebung. Die nicht allzu steile, naturbelassene Strecke bietet für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis reichlich Spaß. Sehr flowig mit einigen schönen Sprüngen und Anliegerkurven schlängelt sich der Trail zunächst zur Hacklbergalm und schließlich weiter bis zur Mittelstation der Westgipfelbahn. Auf dem Trail gibt‘s eigentlich nur ein Gas – Vollgas! Aber Vorsicht: zwischendurch führt der Weg wieder über die ein oder andere Weide, auf der man Kühen und auch Pferden sehr nahe kommen kann. An der Mittelstation der Westgipfelbahn beginnt dann wiederum der Bucheggtrail und so kommt man auf die bereits erwähnten zehn Kilometer Downhill. Am Ende spuckt der Trail einen direkt in Hinterglemm aus. Wer jetzt möchte, kann sich bei einem „Verlängerten“ ausruhen, wir aber waren noch total angefixt von der tollen Abfahrt und stiegen in die Zwölferkogelbahn ein, welche nur einen Steinwurf vom Ende des Trails entfernt war, um die Z-Line auszuprobieren.

Der Hacklbergtrail bietet...
Der Hacklbergtrail bietet…
Spaß und Panorama
Spaß und Panorama

Die Z-Line erinnert vom Aufbau etwas an die Blue Line, allerdings bietet sie doch mehr Abwechslung. Für ausreichend Spannung sorgen einige Tables, North-Shore-Elemente, riesige Wallrides, Drops und Gaps, welche aber alle ohne große Probleme umfahren werden können. Neben den Spots auf dem Trail bereitet der wunderschöne Ausblick ins Tal ein super gutes Gefühl.

Nach einer Pause sollte es dann endlich die X-Line sein, allerdings machte uns ein ärgerlicher Defekt des Schaltauges einen Strich durch die Rechnung. Da dies noch auf den oberen Metern passierte, änderten wir kurzer Hand unser Vorhaben. Nachdem die Kette entfernt und das Schaltwerk an der Kettenstrebe fixiert war, schoben wir wieder hoch zum Westgipfel, um den Bergstadltrail herunter zu jagen. Der Bergstadltrail zweigt unmittelbar vom Hacklbergtrail ab, führt aber wesentlich direkter und somit steiler gen Tal. Neben steilem Gefälle sorgen reichlich technische Passagen gespickt mit Wurzelteppichen, Steinabsätzen und Spitzkehren dafür, dass man bergab ordentlich ins Schwitzen kommt. Es gibt so gut wie keine Verschnaufpausen, weshalb der Trail nur für gute bis sehr gute Fahrer geeignet ist. Eine wirklich tolle Herausforderung und wer ein Auge dafür hat, wird mit einem tollen Panorama belohnt.

Die nächsten Tage waren leider nach wie vor verregnet. Aufgrund der langen Trockenperiode im Vorfeld, war der Boden jedoch super aufnahmefähig und es war nur oberflächlich nass und matschig, so dass die Trails überwiegend gut zu befahren waren und wir ordentlich Abfahrtskilometer sammelten.

Trotz des Dauerregens hatte wir Spaß
Trotz des Dauerregens hatte wir Spaß

Am vorletzten Tag hatte der Wettergott nochmal ein Einsehen und schenkte uns einen trockenen Tag. So wollte dann endlich die X-Line von uns befahren werden. Knapp sieben Kilometer herausfordernder Singletrail mit etwas mehr als 1000 m Höhenunterschied warteten auf uns. Mit totaler Vorfreude gaben wir unseren Bikes die Sporen und surften von der Bergstation des Schattbergs durch die ersten Anliegerkurven. Ein Platten sorgte kurz für eine Unterbrechung der Endorphine erzeugenden Abfahrt. Nach Einsatz des Ersatzschlauches und gefühlten 1000 Pumphüben später, konnte die rasante Abfahrt weiter gehen. Der Teil bis zur Mittelstation kann getrost als flowig mit ein paar netten Sprüngen bezeichnet werden. Nur die Waldpassagen mit zahlreichen, teils verblockten und noch nassen Wurzelteppichen sorgten für Spannung. Hier galt es, die Gefahr schnell hinter sich zu lassen und darauf zu vertrauen, dass der Reifen wieder rechtzeitig Grip aufbaut. Ab der Mittelstation sind dann einige Northshore-Elemente verbaut, die für reichlich Abwechslung sorgen. Kurz vor dem Ende der X-Line warten schließlich richtige Highlights in Form von unterschiedlich hohen Drops auf mutige und tollkühne Fahrer. Die größte Herausforderung stellt dabei sicherlich das Road-Gap dar. Egal von wo man es betrachtet – der Drop wirkt richtig massiv und stellt man sich mal an die Dropkante, merkt man richtig, wie der Wind einem um die Nase bläst. Wir haben den Drop mit Rücksicht auf unsere Bikes sicherheitshalber ausgelassen ;-)

Fazit:

Saalbach-Hinterglemm hat es geschafft, die hervorragende Infrastruktur aus der Wintersaison auf die Bikesaison zu adaptieren. Mit den vier Gondelbahnen sind zahlreiche Abfahrtskilometer gewährleistet. Mit den verschiedenen Lines, welche sich auf die beiden Ortschaften aufteilen, spricht die Doppelgemeinde eine breite Masse an, ganz egal ob blutiger Anfänger, Familie oder Fortgeschrittene, für jeden ist hier was geboten. Und wem das nicht reicht, der hat noch die Möglichkeit, nach Leogang in den Bikepark überzusetzen. Auch wenn das Wetter nicht das Beste war, hatten wir riesig viel Spaß und wir werden ganz sicher wiederkommen.

2 Kommentare

  1. Schön geschriebener Bericht, der unsere gemeinsamen Erlebnisse gut wiedergibt … auch wenn ich persönlich weder auf der ProLine/EvilEye noch auf der X-Line unterwegs war. Der Rest des Saalbach-Hinterglemmer Angebotes ist aber wahrlich auch nicht zu verachten, ist immer sehr gut präpariert und macht höllisch Spaß. Am Ende des Aufenthaltes war ich fertig, wie schon lange nicht mehr.

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